Hilfe z. Selbsthilfe

Psychische Belastung: Alleinsein muss nicht sein – Ihr Weg zur Selbsthilfe

Viele Betroffene oder Angehörige wissen nicht, wie sie mit einer plötzlich auftretenden oder sich einschleichenden psychischen Belastung umgehen sollen. Oft fühlen sich Betroffene allein und trauen sich nicht, darüber zu sprechen. Es ist leider keine Seltenheit, dass Menschen über einen langen Zeitraum hinweg Gefühle von Niedergeschlagenheit, Mutlosigkeit und Ängsten einfach ertragen. Schlaflose Nächte und ein ständiges Gedankenkarussell bestimmen ihren Alltag.

Wenn es dir schwerfällt, deinen eigenen psychischen Zustand einzuschätzen, oder du dich nicht traust, deine Probleme mit deinem Umfeld zu besprechen, kann der Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe ein wichtiger erster Schritt sein. Hier findest du nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch konkrete Hilfe zur Selbsthilfe. Für fast jeden Problemkreis gibt es spezialisierte Selbsthilfegruppen, die eine erste Anlaufstelle für Orientierung und Unterstützung bieten, damit du wieder Handlungskompetenz entwickelst.


Was bedeutet gemeinschaftliche Selbsthilfe?

Während Selbsthilfe im Grunde bedeutet, den eigenen Alltag und die damit verbundenen Herausforderungen eigenständig zu bewältigen, geht die gemeinschaftliche Selbsthilfe noch einen Schritt weiter: In einer Selbsthilfegruppe schließen sich Menschen mit ähnlichen Lebenssituationen oder Krankheiten freiwillig zusammen, um sich gegenseitig zu stärken und Wege zur aktiven Bewältigung ihrer Herausforderungen zu finden.

Selbsthilfegruppen sind längst eine wichtige Ergänzung zur Psychotherapie. Sie klären Teilnehmende bei Unsicherheiten über den Krankheitswert auf, bieten Informationen zu weiteren Hilfsangeboten und Kontaktdaten und unterstützen Betroffene dabei, Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz zu überbrücken. All dies geschieht im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe, indem sie Betroffenen Werkzeuge und Wissen an die Hand geben, um ihre Situation besser zu managen.

Durch die regelmäßigen Treffen empfinden sich Betroffene zudem weniger isoliert und einsam. Neben den strukturierten Gruppentreffen können sich auch gemeinsame Aktivitäten und private Kontakte entwickeln, die das soziale Netz stärken. Viele erhalten durch die Gruppe auch ganz konkrete praktische Unterstützung für ihren Alltag.

Ein positives Beispiel für die Vernetzung ist die Zusammenarbeit zwischen der Selbsthilfekoordination Bayern und der Psychotherapeutenkammer Bayern, die seit 2018 gemeinsame Veranstaltungen gestalten. Hier geht es gezielt darum, Psychotherapeut:innen über die Arbeit von Selbsthilfegruppen und -kontaktstellen zu informieren und Wege aufzuzeigen, wie Selbsthilfe für Patient:innen nutzbar gemacht werden kann und wie Psychotherapie und Selbsthilfe optimal zusammenarbeiten.

Selbsthilfegruppen ermöglichen einen offenen Austausch über Erfahrungen, Probleme und Erfolge. Da alle Gruppenmitglieder ähnliche Herausforderungen kennen, weiß jeder genau, wovon der Einzelne spricht. Der regelmäßige Austausch in der Gruppe führt zu einem besseren Umgang mit den Problemen oder der Erkrankung im Alltag. Die Teilnehmenden fühlen sich kompetenter, mit Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen über ihr Anliegen zu sprechen. Viele Menschen erleben in einer Selbsthilfegruppe zum ersten Mal das Gefühl, wirklich verstanden zu werden. Dieses Verständnis ist die Basis, um eigene Lösungsansätze zu entwickeln und die Fähigkeit zur Selbsthilfe zu stärken.


Selbsthilfe wirkt: Wissenschaftlich belegt

Dass Selbsthilfe eine große Wirkung erzielen kann, ist wissenschaftlich belegt. Im Rahmen der vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten SHILD-Studie (Suchtselbsthilfe in Deutschland) wurden beispielsweise zwischen 2012 und 2018 rund 5000 Mitglieder von Selbsthilfegruppen befragt. Dabei ging es unter anderem darum, wie die Selbsthilfe auf sie wirkt, welche Ziele sie verfolgen und wer überhaupt Selbsthilfegruppen besucht.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Acht von zehn Befragten gaben an, sie seien dank der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe motivierter und zuversichtlicher, was den Umgang mit ihrer Krankheit angeht. Die vollständige Studie ist öffentlich zugänglich und kann heruntergeladen werden, um tiefere Einblicke in die Effektivität von Selbsthilfe zu gewinnen.


Unser Weg: Von Betroffenen für Betroffene

Unser Fachbereichsleiter ist selbst von einer schweren psychischen Erkrankung betroffen. Sein persönlicher Wendepunkt kam mit dem Kennenlernen einer Genesungsbegleiterin in der Tagesklinik des Helios-Klinikums in Gotha. Endlich sprach jemand auf Augenhöhe mit ihm. Ein Jahr später war er selbst Genesungsbegleiter. Heute leitet er diesen Verein seit über vier Jahren erfolgreich gemeinsam mit seiner Frau, die ebenfalls eine Betroffene ist. In dieser Zeit konnten wir über 70 Klienten für die wertvolle Arbeit eines Genesungsbegleiters begeistern, der sie auf ihrem persönlichen Weg zur Selbsthilfe unterstützt.

Wir sind selbstverständlich keine „Wunderheiler“ und können nicht jedem Klienten helfen. Der Grund ist einfach: Nicht jeder Betroffene hat die nötige Offenheit und die Kraft, den eigenen Weg, die eigenen Ansichten und Wahrnehmungen anzupassen. Denn was uns krank gemacht hat, kann uns nicht gesund machen. Wir bieten dir hier lediglich ein Angebot zur Stärkung deiner Selbsthilfekompetenzen an. Es ist stets deine freie Entscheidung, dieses anzunehmen oder nicht.

Im Wort Genesungsbegleiter steckt der Begriff Genesung. Eine vollständige Genesung können und werden wir dir nicht versprechen. Im Erstgespräch fragen wir deshalb oft: „Wenn wir es gemeinsam schaffen, dass du wieder Spaß am Leben hast – wäre das für dich in Ordnung?“ Was wir vermitteln möchten, ist ein Weg: „Lernen, mit der Krankheit zu leben – und das so, dass ich wieder Freude am Leben empfinde!“ Dies ist der Kern der Hilfe zur Selbsthilfe, die wir bieten.


Dein erster Schritt mit uns

Im Erstgespräch mit unserem Fachbereichsleiter lernen wir dich kennen und prüfen gemeinsam, ob wir in der Lage sind, dir dabei zu helfen, einen anderen Weg zu finden und deine Selbsthilfekräfte zu mobilisieren. Anschließend wird er dir einen möglichen Weg vorschlagen. Sollten wir den Eindruck haben, dass zunächst der Besuch einer medizinischen Einrichtung notwendig ist, unterstützen wir dich auf Wunsch gerne dabei, schnell einen Termin zu erhalten.

Selbsthilfe stärkt: Weniger Isolation, mehr Kompetenz

Selbsthilfegruppen sind ein wichtiger Ankerpunkt, wenn du mit psychischen Belastungen oder Krankheiten umgehst. Durch die regelmäßigen Treffen fühlen sich Betroffene weniger isoliert und einsam. Über die Gruppentreffen hinaus können sich gemeinsame Aktivitäten und private Kontakte entwickeln, die dein soziales Netz stärken. Du bekommst in der Gruppe außerdem ganz konkrete praktische Unterstützung.

Der offene Austausch über Erfahrungen, Probleme und Erfolge ist zentral. Da alle Gruppenmitglieder ähnliche Herausforderungen kennen, weiß jeder genau, wovon der Einzelne spricht. Dieser Austausch führt zu einem besseren Umgang mit Problemen oder der Erkrankung im Alltag. Du fühlst dich kompetenter, mit Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen über deine Anliegen zu sprechen.

In der Gruppe kannst du dich offen über Behandlungsmethoden, Medikamente, Hilfsmittel, Therapien oder auch über Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen austauschen. Erfahrene Teilnehmer:innen geben dabei ihre Laienkompetenz weiter – ein unschätzbarer Vorteil!


Gemeinschaft, die heilt

In einer Selbsthilfegruppe erfahren Teilnehmer:innen emotionale Unterstützung und Zuversicht in schwierigen Situationen. Der Austausch in der Gruppe stärkt das Selbstwertgefühl und den Zusammenhalt. Das Gefühl, in der Gruppe aufgehoben zu sein und Ansprechpartner:innen zu haben, von denen man sich wirklich verstanden fühlt, hebt die soziale Isolation auf, unter der viele Betroffene leiden. Häufig verbessert sich dadurch der allgemeine Gesundheitszustand der Teilnehmer:innen.