Mein ABC der Genesungsbegleitung
Teil 2 – A, wie Akzeptanz
Die Akzeptanz des Unvermeidbaren – zum Beispiel der zeitlichen Begrenztheit der eigenen Existenz, des begrenzten Einflusses auf das Verhalten anderer Personen sowie des Auftretens aversiver emotionaler Reaktionen – ist in verschiedenen psychotherapeutischen Schulen neben der Veränderung problematischen Verhaltens ein wichtiges Therapieziel] Insbesondere die Akzeptanz- und Commitmenttherapie und andere achtsamkeitsorientierte Ansätze im Rahmen der Verhaltenstherapie zielen explizit darauf ab, die Fähigkeit bzw. Bereitschaft leidender Menschen zur Annahme des unvermeidlichen Teils ihres Leides zu stärken. Dies geschieht u. a. durch eine Distanzierung von kontrollorientierten Gedanken und Handlungsimpulsen sowie durch eine Betonung von Werten, die trotz aller nur schwer hinnehmbaren äußeren und inneren Umstände dem Leben des Einzelnen Würde und Orientierung verleihen können. So klingt z.B. die „schnöde“ Erklärung zum Wort Akzeptanz in der Psychiatrie.
Boah, … fettes Brett. Alles verstanden. Ja klar doch, ist doch einfach. Was bedeutet dieses Wort wirklich. Ja, ich muss akzeptieren, dass ich krank bin. Das ist der erste, schwerste aber zugleich auch der wichtigste Schritt, um „Aktiv aus der Krise“, aus meiner Krise zu kommen.
Krank? Ich doch nicht! Beinbruch, Grippe, Schnupfen … das ist krank. Kann man sehen, anfassen, verstehen. Auch die Menschen, die mich sehen, wissen sofort – ich bin krank. Sie nehmen das einfach so hin, akzeptieren das. Doch was ist mit einer psychischen Erkrankung, einer Depression etc.? Sie können diese Krankheit nicht sehen, nicht anfassen und vor allen Dingen nicht verstehen. Können oder wollen nicht? Diabetes, Bluthochdruck, Alzheimer oder Demenz. Krankheiten., die nicht zu sehen sind. Krankheiten, die jedoch seit vielen Jahren, seit Jahrzehnten existieren und akzeptiert werden. Doch psychische Krankheiten sind oft noch ein Tabuthema. In unserer Familie? Psychisch kranke Menschen? NEIN! Was führt zu diesem unerklärlichen Nein? Die Scheu, die Scham? Ist diese Krankheit ansteckend? Oder ist eine psychische Krankheit ein Zeichen von Minderwertigkeit? Natürlich nicht! Leider ist eine psychische Krankheit offenbar für viele außenstehende Menschen aber genau das, etwas was nicht sein kann, was nicht sein darf! „Was denkt das Umfeld über unsere Familie? Psychisch kranke Menschen gibt es nicht in unserer Familie. Wir sind alle normal!“ Wenn das normal ist, dann will ich nicht normal sein! Was ist normal? Eine schwierige Frage. Vor allem in einer Zeit, in der nur eins zählt: außergewöhnlich zu sein. Längst ist nämlich das Abweichen von der Norm zur Norm geworden.
Alles Mögliche wollen wir gern sein, nur bitte nicht normal. Normal – das klingt nach Gewohnheit, nach Max Mustermann und Lieschen Müller, nach langweiligem Durchschnitt. Aber was ist eigentlich normal? Und warum? Normalität bezieht sich auf das Einhalten von Normen. Denn Normen sind nicht nur Richtlinien für Qualitätsmanagement oder Büromöbel, sondern legen auch wichtige Kriterien im sozialen Miteinander fest. Eine Norm ist weniger als ein Gesetz, aber mehr als eine Vereinbarung unter Einzelnen. Normal ist also das, woran man sich gemeinhin hält. Dadurch glänzt das Normale meist durch die Abwesenheit großer Überraschungen, es glitzert und flirrt nicht. Normalität lässt sich nur schwer posten, und wenn man es doch tut, interessiert sie niemanden.
Oft wird im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen das Wort verrückt verwendet. Wenn ich einen Stuhl an einer anderen Stelle aufstelle, ihn also verrücke, ist es dann kein Stuhl mehr?
Akzeptanz würde bedeuten, dass ich meine Krankheit hinnehme, hinnehme als das was sie ist – eine Krankheit! Schwer, sehr schwer. Wie kann ich sie aber akzeptieren, wenn doch mein Umfeld mich lehrt, dass es nicht sein kann. Mich dafür verurteilt, in eine Schublade steckt, mich stigmatisiert mich ausgrenzt. Sogar aus der eigenen Familie ausgrenzt. Freunde kennen mich auf einmal nicht mehr. Sie haben keine Erklärung dafür, dass ich „so“ bin! Wie bin ich denn? Nur weil sie es nicht verstehen, was da mit mir passiert, werde ich abgelehnt, beschimpft, gemobbt, ignoriert und verletzt?
Akzeptieren soll ich, was mich aus dem Leben reißt, mein Leben nicht mehr möglich macht? „Ich bin krank! Bitte akzeptiert das! Ich kann aber nicht mehr, denn es ist niemand mehr da, der mir zuhört, der mir hilft damit zu leben!“ So oder ähnlich sieht in der Regel das Leben eines psychisch kranken Menschen aus. Fühlt sich nicht gut an, oder?
Doch wie fühle ich mich mit dieser Krankheit? Das Haus … mein Gefühlshaus …. wie eine Zeitschleife … ein Gedankenkarussell!
Es sieht doch gut aus, von außen, mein Haus. Irgendwie schon recht bunt. Große Fenster, farbige Wände, Pflanzen. Sieht gut aus von außen! Aber ich bin Innen, bin in diesem Haus ……. allein! Nicht da Draußen … und ich sehe ja auch nicht die Farben, muss ich auch nicht. So wie Die da Draußen! Die sehen mich auch nicht, Die da Draußen…. Sehen nur das bunte Haus! Mein Haus – aber das bin ich nicht! Das ist nur mein „Scheinhaus“, denn Innen sieht es anders aus … das Haus, mein Haus!
Innen ist das Haus grau, hat keine Fenster, keine Türen …, denn ich will ja gar nicht raus. Da raus, wo Alle mich anschauen. Sie denken ich bin nur zu faul, reiße mich nicht zusammen. „Der will doch gar nicht“, „hat einfach keine Lust“, „Tut so, als wäre Er krank“, „Dem kann man nicht vertrauen, nichts glauben“, „Der will nur bemitleidet werden“, „Der denkt doch nur an sich“, „ach lass mich einfach in Ruhe mit deinem Gejammer“! Tut ganz schön weh … wenn Sie nur wüssten …. wenn Sie mir nur einmal zuhören würden. Ich will doch… kann aber nicht … ich weiß doch auch nicht wieso!? Darüber reden? Mit wem denn? DIE hören doch eh nicht zu! Die denken Sie wissen Alles über mich …. Sie sind halt normal! Bin ich normal? Was ist normal? Wer ist normal? Die oder ich? Nein ich nicht, auf keinen Fall, die sagen ja immer ich wäre verrückt – Bin ich das wirklich? Verrückt? Wenn ein Stuhl an einem anderen Platz steht, also verrückt wird, ist er dann auf einmal kein Stuhl mehr? Mein Haus ist innen grau, ohne Fenster, ohne Türen, ohne Bilder, ohne Möbel, ohne Blumen oder andere Pflanzen. Ist ohne Lampe, ohne Licht, ohne Strom, ohne Energie … ohne meine Energie! Lebe ich dann eigentlich noch? So ganz ohne Energie? Wofür auch …. halt stopp …. da ist ein Licht in der Decke … manchmal scheint dort die Sonne durch, scheinbar …. ein Licht halt! Fühlt sich warm an. Ist so, als wenn mich da jemand ansprechen würde. Mich ansprechen? Niemals …. warum auch? Ich bin eh zu nichts zu gebrauchen. Da ist es wieder weg … das Licht? War wohl nur ein Trugschluss!
Lass Sie nur denken, dass bei mir Alles gut wäre. Wenn mich mal jemand anspricht, setze ich mein Fassadenlächeln auf. Hilft immer! Zur Not kann ich so tun, als würde es mich interessieren was er sagt, obwohl ich eigentlich gar nicht verstehe was der von mir will! Geh endlich weg, lass mich in Ruhe sag ich, denke ich …. endlich Ruhe!
Erschrocken? So fühlte ich mich! Heute nicht mehr, denn ich habe sie akzeptiert, meine Krankheit. Akzeptiert als das was sie ist, eine, meine Krankheit! Ich habe gelernt damit zu leben und lerne es immer noch. Ich lerne aus der Erfahrung anderer Betroffener. Aber mir ist klar geworden, was der erste aktive Schritt aus der Krise ist, ja sogar sein muss. Akzeptanz meiner Krankheit! Akzeptanz die ich mir von meinem Umfeld, von der Politik, aber vor allem von den Menschen wünsche, die ich liebe!
Ich bin krank, na und!