Mein ABC der Genesungsbegleitung – P, wie Phobophobie – Teil 3

Wie kann uns Angst krank machen?

Die Folgen einer Angststörung sind abhängig von Schwere, Dauer und Verlauf der Erkrankung. Häufig entwickeln Betroffene neue Verhaltensweisen, um die angstauslösende Situation zu vermeiden. Das kann zu sozialem Rückzug führen und die Lebensqualität enorm beeinträchtigen: Betroffene meiden zum Beispiel Kontakte zu anderen Menschen, gehen nicht mehr zur Arbeit oder fahren nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

In schweren Fällen kann die Angsterkrankung somit auch zur Arbeitsunfähigkeit oder zum Jobverlust führen. Die Angst kann sich außerdem auf Situationen ausweiten, in denen vorher keine Angst erlebt wurde. Manchmal kommt es auch zu Angst vor der Angst, was Vermeidungsverhalten und Rückzug auslöst. Zudem besteht durch soziale Isolation, Arbeitslosigkeit oder andere Beeinträchtigungen ein höheres Risiko, zusätzlich an einer Depression zu erkranken. Auch das Suizidrisiko kann bei Menschen mit einer Angststörung erhöht sein. Generell können Angsterkrankungen gut behandelt werden. Je eher eine Angststörung erkannt und behandelt wird, umso besser ist die Prognose.

Es erscheint paradox: Wir leben in Zeiten, in denen uns alle Türen offenstehen. Wir haben unzählige Wahlmöglichkeiten und können frei entscheiden, was wir tun möchten und was nicht. Doch, gleichwohl prägen diese Ängste und Unsicherheit das Lebensgefühl vieler Menschen. Diese Ängste möchte ich niemandem nehmen. Krankhaft wird Angst immer dann, wenn sie unangenehme körperliche Symptome verursacht: oft solche, bei denen nicht auf Anhieb erkennbar ist, dass Angst der Auslöser ist.

Schauen wir einmal auf die Symptome, die Ängste bzw. Angststörungen auslösen können: An erster Stelle stehen Herzbeklemmungen: also die Angst, einen Infarkt zu erleiden. Der Betroffene geht in die Klinik – und bekommt den Befund, mit dem Herzen könne er 100 Jahre alt werden. Bleiben die Symptome bestehen, rät man ihm, zum Psychotherapeuten zu gehen. Man spricht dann von einer „somatisierten Angst“. Die kann sich auch durch Schlafstörungen, Schwindelanfälle, Tinnitus, Atemstörungen oder einen Kloß im Hals äußern. Der zweite wichtige Grund, weshalb Patienten eine Psychotherapie beginnen, ist eine soziale Phobie. Wenn also jemand kommt und sagt: „Ich bin unglücklich und allein, alle anderen Menschen haben einen Partner und Kinder, nur ich nicht – was ist in meinem Leben falsch gelaufen?“ Dann stellt sich oft heraus, dass sich dieser Betroffene bei kleinsten Kränkungen sozial zurückzieht, sich nicht mehr mit anderen auseinandersetzt. Sein Sozialleben ist verarmt, und am Ende steht oft eine Depression. Noch nie zuvor hatten so viele Menschen so viel zu verlieren wie heute: ihre Sicherheit, ihren Wohlstand, ihre Zukunftschancen. Wir gehen zu Vorsorgeuntersuchungen, die möglichst früh Gefahren entdecken sollen, von denen wir noch gar nichts ahnen. Wir hören Experten zu, die uns auf Risiken aufmerksam machen, an die wir normalerweise nicht einmal denken. Wir sind gegen alles Mögliche versichert, vom Verlust des eigenen Hauses bis zum Verlust der Zahnprothese. Aber all das macht uns nicht fröhlich oder angstfrei, sondern führt uns überhaupt erst vor Augen, was alles passieren kann. Ob es um den richtigen Partner geht oder die Überlegungen zum eigenen Lebensweg: Wir stehen vor einer unüberschaubaren Zahl an Optionen.

Jetzt geht es mir als Betroffenen durch die vielen Ängste, die mich zu beherrschen scheinen, jedoch so „schlecht“, dass ich das Gefühl habe, mich nicht entscheiden zu können. Schon ziehen wir uns immer weiter zurück, denn nichts zu entscheiden ist scheinbar einfacher. Da kann ich ja keinen Fehler machen. Ja muss ich mich überhaupt entscheiden?

Fragen, die das Verhalten im Umgang mit der Angst unerträglich machen. „Mit Anderen darüber reden? NEIN! Dann merken ja die Anderen, dass es mir nicht gut geht.“ Kennen Sie das? Ich schon. Das nicht reden wollen, nicht reden können hat meine Familie zerstört. Meine Kinder, meine Enkel, viele sogenannte Freunde. Sie verstehen mich heute noch nicht. Können Sie das überhaupt? Ich habe ja nicht über meine Ängste gesprochen! Vor Angst! Vor Angst davor, dass Sie damit belasten könnte, was mir Angst macht, was mich lebensunfähig gemacht hat.

Inzwischen habe ich verstanden, dass ich mir viel eher hätte Hilfe holen müssen. Hilfe, um meine Ängste zu besiegen. Ich habe es vor einigen Jahren getan. Angefangen meine Ängste zu besiegen. Ich habe dadurch eine gewisse Lebensqualität wieder gewonnen. Es gibt nur diesen Weg! Holen Sie sich Hilfe! Ob bei Profis, in Selbsthilfegruppen oder bei Genesungsbegleitern.

Hilfe anzunehmen ist unumgänglich und der einzige Weg, um seine Ängste zu besiegen.