Volkskrankheit Depression?

Ist die Depression eine Volkskrankheit? Warum wird die Depression immer noch wie eine Sache behandelt, für die man sich schämen muss? Wovor haben die Menschen Angst? Fragen, die sich nicht nur Betroffene stellen. Ich finde es großartig, dass auch die Medien das Thema Depression für sich entdeckt haben. Oder sollte ich doch lieber sagen, dass es in den Medien zu oft als Alibi genutzt wird. Verbrechen werden schnell in diese Schublade geschoben. Die ersten Äußerungen zu möglichen Gründen heißen fast immer „Der Täter oder die Täterin seien psychisch labil. Entschuldigung Depression? Geht das so einfach? Was wirft das für ein allgemeines Bild auf die Betroffen, diejenigen, die schon ewig depressiv sind? Sind alle Betroffenen auf einmal gefährlich? Dieses Schubladendenken gibt es leider gerade in Deutschland sehr oft. Es muss immer irgendwo eingeordnet werden. Aber das was danach kommt ist viel schlimmer.

Der Deutsche ist Weltmeister im Selbstzerfleischen und Stigmatisieren. Sofort werden Gruppierungen erfunden, Einstufungen und (Vor)Verurteilungen erschaffen. Schauen wir einmal gar nicht weit ins Umfeld. Das sogenannte Superwahljahr steht an. Im Vordergrund stehen seit der Eröffnung des Wahlkampfes nicht das Wahlprogramm oder mögliche Veränderungen. NEIN! Es wird jetzt die Zeit damit verbracht die möglichen Kandidaten der anderen Parteien in Misskredit zu bringen, wenn möglich zu zerstören. Der Personenkult in Deutschland entscheidet darüber welche Partei wir wählen. „Laschet geht ja gar nicht, die Baerbock will an unser Geld, der Lindner hat nur Hirngespinste.“ „Wenn der oder die Kanzler werden, armes Deutschland!“ Kommt Ihnen bekannt vor? ES geht nicht um das Wahlprogramm. Aufgehetzt von notorischen „Wir sind gegen Alles“ Gruppierungen (siehe Querdenker) geht es gar nicht darum das evtl. Richtige für sich zu finden. Es geht nur darum laut gegen Alles zu sein. Dann wundern sich genau diese Personen, dass doch nicht „ihre Interessen“ (ich frage mich welche?) vertreten werden. Ja welche denn? Sie sind doch nur dagegen und Alles muss sich ändern? Ja was denn? da haben Sie keine Antworten darauf. Das ist auch eine Art von deutscher Volkskrankheit.

Was ist eigentlich eine Volkskrankheit? Definition: Krankheit von dauernder starker Verbreitung und Auswirkung in der gesamten Bevölkerung“Diabetes und Rheuma sind zu Volkskrankheiten geworden“. Also ist Corona jetzt auch eine Volkskrankheit? Und die normale Influenza? Jetzt ist auch die Depression eine Volkskrankheit? Heißt das im Umkehrschluss das Volk ist krank? Bleiben wir beim Thema Depression. Sind wirklich die Betroffenen krank im Sinne des vorangegangenen Volksdenkens? Oder diejenigen Menschen, die depressiv erkrankte Menschen in eine Schublade pressen? Im Verlaufe meiner Krankheit, meiner Depression musste ich erkenne, dass ich das, was da als „Normal“ verkauft wird nicht sein möchte. Wenn dieses Normalsein die Norm ist, sorry möchte ich nicht normal sein. Nur damit beschäftigt zu sein, gegen etwas zu sein, etwas Schmutziges im Leben anderer Menschen zu suchen und ihn/sie dann gnadenlos zu zerstören ist nicht das, was ich möchte!

Dann bin ich lieber Betroffener. Ich möchte nicht damit beschäftigt sein darüber nachzudenken, wo ich Gründe finde gegen etwas zu sein oder gegen Jemanden. Ich möchte nicht darüber nachdenken, warum mich andere Menschen versuchen zu zerstören, nur weil sie neidisch sind oder weil Sie glauben bessere Menschen zu sein. Ich möchte nicht eine Partei danach beurteilen, welcher Mensch da an der Spitze steht. Ich möchte nicht von meinen Kindern gehasst werden, weil jemand von außen Schei… über mich erzählt. Ich möchte nicht noch nach 15 Jahren verurteilt in den Dreck getreten werden, weil ich damals Fehler gemacht habe.

Was ich möchte fragen Sie? Ganz einfach. Fehler tolerieren, Fehler entschuldigen können, sich im Verzeihen üben. Den Menschen gegenüber respektieren, auch wenn er/sie andere Ansichten hat oder nicht das widerspiegelt, was ich mir wünsche. Ich möchte, dass man sich zuhört, dass man über Probleme spricht, statt zu verurteilen. Ich wünsche mir, dass jeder Mensch der Fehler macht auch die Chance erhält sich zu erklären, ohne eine Widergutmachung einzufordern. Ich möchte, dass die Menschen wieder netter zueinander werden, sich anlächeln, aufhören dem Anderen nichts zu gönnen. Ich möchte, dass die Menschen damit aufhören Andere zu stigmatisieren, nur weil Sie eine Sache z.B. Krankheit nicht verstehen. Erst einmal wegschieben und verneinen oder noch schlimmer zu ignorieren, bedeutet sehr oft dem Gegenüber weh zu tun. So ist das auch mit der Depression.

Ja, wir sind krank! Na und!!! Sind Bluthochdruckkranke und Diabetiker auch! Respektiert die Depression als das was sie ist, eine ganz normale Krankheit! Sie gehört zum Bild in unserer Gesellschaft. Die Depression gilt weltweit als die zweitgrößte Volkskrankheit. Wenn es doch eine Volkskrankheit ist, warum werden dann noch immer Betroffene von ihren Familien ausgeschlossen, verstoßen, ja sogar enterbt? Weil es nicht in das ach so normale Bild einer heilen Familie passt? Einer normalen Gesellschaft?

Wenn das normal ist, sorry möchte ich nicht normal sein! Das ist viel mehr krank, als meine Depression!

Dietmar Elsner