Mein ABC der Genesungsbegleitung Teil 7 – „G“ wie Gedanken, Glaubenssätze

Glaubenssätze beziehen sich auf tradierte (überliefert, übernomme) Werte, Erfahrungen und Überzeugungen. Meist werden sie uns von direkten Bezugspersonen auf den Weg mitgegeben, als eine Art Belehrung oder Einschärfung für unser Denken und Handeln. Soweit eine kleine Definition. Doch wie erfahre ich, welche meine Glaubensätze sind. Fakt ist, dass diese Glaubensätze sehr oft unser Handeln, unsere Reaktionen und Verhalten auf ein bestimmtes Vorkommnis steuern.

Wie erkenne ich meine Glaubenssätze?

1. An was glaube ich eigentlich? Ein Weg, wie ich an die Wurzeln komme, ist herauszufinden, was ich über bestimmte, vor allen Dingen immer wiederkehrende Vorgänge, Umstände oder Ereignisse denke.

2. Um zu erkennen, ob diese die Gedanken und Glaubenssätze sind, die meinen Weg beeinflusst haben, musste ich zuhören, wie mein Umfeld über mich denkt.

3. Schreibe ein neues Kapitel der Geschichte deines Lebens. So lange Du das Buch mit den Kapiteln deines bisherigen Lebens festhältst und darin blätterst wirst Du keine Kraft haben ein neues Kapitel zu schreiben.

4. Überschreibe alte negative Gedankensätze mit neuen positiven, sonst wird Dir dein Verstand vorgaukeln alles richtig gemacht zu haben.

Klingt logisch. Wenn das so einfach wäre …….!? Stimmt, einfach ist es nicht. Gehen wir mal ganz weit zurück in unserem Leben, obwohl ich von zurückgehen nichts mehr halte. Manchmal ist es jedoch wichtig auch einmal einen Schritt zurückzugehen, um zwei vorwärtszukommen.

Als Kleinkind wollen wir schnell laufen lernen. Wir krabbeln und versuchen plötzlich aufzustehen. Wir wollen wie die Großen auf zwei Beinen stehen und laufen. Wir fallen sofort wieder um. Was machen wir … wir versuchen es erneut! Wir stellen die Fehlversuche nicht in Frage. Es gibt noch keinen manifestierten Glaubenssatz, der uns sagt, dass es sowieso nichts wird. Unser Gehirn gaukelt uns nicht vor, dass es zu gefährlich ist, dass wir Versager wären, die eh nichts auf die Reihe bekommen. Niemand hat uns bis dahin immer wieder eingetrichtert, dass Misserfolge zu unserm Leben gehören. Wir sind zu diesem Zeitpunkt sicher, dass wir es schaffen werden. Der eine von uns braucht vielleicht länger, bei einem anderen geht’s schneller. Egal, denn wir schaffen es, weil wir an uns glauben und nichts in Frage stellen. Unser erster Glaubenssatz ist geprägt! Ich muss es nur immer wieder versuchen und daran glauben, dann schaffe ich, was ich mir vorgenommen habe. Dann kommen die Eltern und helfen uns. Reichen uns die Hände. Wir nehmen sie, denn sie bieten uns Schutz und halt, Vertrauen ist geboren. Vertrauen in uns und andere Menschen. Jedes Kind muss dann irgendwann sein Zimmer aufräumen, seine Sachen in Ordnung halten. Klappt das nicht, wird sehr oft seitens der Eltern gedroht – natürlich nicht ernsthaft, aber am Ende prägt es einen neuen Glaubenssatz. „Du musst jetzt dein Zimmer aufräumen, sonst darfst Du nicht fernsehen, am Handy spielen oder irgendetwas machen, was Dir doch Spaß macht. Klingt übertrieben? Aus jetziger Sicht vielleicht. Warum räumt das Kind auf? In den meisten Fällen, weil es sonst etwas nicht darf bzw. bestraft wird. Hier kommt das Kind mit Angst vor Konsequenzen in Verbindung. Regeln? Klar, jeder Mensch braucht Regeln. Kinder sollten wissen, wo ihre Grenzen sind.

Ein Beispiel aus meinem Leben. „Ich glaube Du bist nicht mein Kind. Irgendwie müssen die Dich im Krankenhaus vertauscht haben!“ Meine Mutter hat diesen Satz immer wieder wiederholt. Sie meinen oha? Wie kann eine Mutter so etwas sagen? Das hat Sie bestimmt nicht so gemeint? Fakt ist, dieser Satz hat mich über 50 Jahre begleitet und immer wieder verletzt. Irgendwann war es schon „normal“, dass Sie das gesagt hat. Trotzdem hat es mich verletzt! Es gab Momente, da griff ich auf diesen Satz zurück. Vielleicht hatte sie ja recht? Ein neuer Glaubenssatz prägte sich bei mir ein. Viele dieser negativen Glaubensätze formen ein ganzes Leben. Verändern Dich. Haben mich verändert. Ich wollte meiner Mutter nicht widersprechen. Ist ja schließlich meine Mutter. Doch hat sie als Mutter das Recht, mir alles zusagen, mir einzureden, dass ich nicht dazu gehöre … zu meiner Familie. Ich habe mich oft nicht dazugehörig gefühlt. Ich glaubte langsam daran, dass ich ein Versager wäre. Schon damals hat meine Depression angefangen. Ich wusste es nur noch nicht. Ich versuchte es zu kompensieren, in dem ich sie besonders stolz machen wollte. Ich wollte doch nur hören, dass sie mich liebhat, dass ich zur Familie gehöre. Ich schaffte es in ihren Augen nie. Heute kann sie nicht mehr mitbekommen, dass ich stolz auf mich bin. Sie ist schwer dement. Ich habe ihr verziehen. Ich habe es Ihr auch gesagt. Sie hat es nicht mehr mitbekommen, nicht mehr verstanden, aber es war für mich wichtig Ihr zu verzeihen. Sie hat mich doch auf die Welt gebracht und sicher auch viel Gutes getan. Bei mir überwiegt jedoch der Schmerz. Ich liebe sie, weil sie meine Mutter ist, aber ich hasse das, was sie mir angetan hat.

Dieses „Ich verzeih Dir Mama“ hat mir geholfen, diesen negativen Glaubenssatz zu überschreiben. Zu überschreiben, mit meinem positiven Gedanken zu überschreiben. Ich habe damit abgeschlossen und schreibe nun an den Kapiteln meines neuen Weges. Erinnere mich, aber blicke nicht mehr zurück. Negative Gedanken und Glaubensätze lassen keinen Raum, um eigenen Ressourcen zu vertrauen. Erst meine eigenen Gedanken und Glaubenssätze, meine positive Glaubensätze bringen mich vorwärts, vorwärts auf meinem Weg! Und darauf bin ich stolz. Wer diesen Weg nicht mit mir gehen will, soll einfach wegbleiben oder noch besser seinen Weg gehen.

„Glaubenssätze“, das ist ein Begriff, welcher von der Psychologie geprägt wurde und die tief verankerten Überzeugungen eines Menschen beschreibt. In erster Linie geht es dabei um sein Selbstbild, doch auch um jenes der Außenwelt. Glaubenssätze haben nämlich große Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Realität.