Mein ABC der Genesungsbegleitung – Teil 4

D, wie Dialog in der Depression

Die Depression belastet sehr oft Partnerschaft und Familie in einem sehr hohen Maße.

Lt. Statistik haben 84 Prozent der befragten Betroffenen sich während ihrer Depression aus den meisten sozialen Beziehungen zurückgezogen. Das ist das Ergebnis des veröffentlichten zweiten „Deutschland-Barometer Depression“ von Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Deutsche Bahn Stiftung. Diese repräsentative Befragung untersuchte Einstellungen und Erfahrungen zur Depression. Befragt wurden 5.000 Personen zwischen 18 und 69 Jahren aus einem repräsentativen Online-Panel für Betroffene in Privathaushalten.

Über 75 % der befragten Betroffenen teilte mit, dass sie oft keinerlei Interesse an der Beziehung bzw. der Verbundenheit mit anderen Menschen mehr empfinden. Das betrifft Freunde und Bekannte ebenso, wie die eigene Familie. Die Hälfte der Befragten bestätigte, dass es teilweise scheren Spannungen in der Partnerschaft gekommen sei. Aus dieser Gruppe kam es bei knapp unter der Hälfte sogar zu Trennungen. Das sind 25 % der insgesamt befragten Betroffenen!

Auch die Ursachen wurden eindeutig benannt:

  • Die Betroffenen – fühlen sich nicht verstanden, Angehörige würden nicht versuchen sie zu verstehen. Vorverurteilungen, Vorwürfe bis hin zu Beleidigungen.
  • Die Angehörigen – 73 Prozent entwickeln Schuldgefühle gegenüber ihrem erkrankten Partner und fühlen sich für dessen Erkrankung und Genesung verantwortlich. Fast jeder dritte Angehörige (30%) gab an, sich schlecht über die Depression informiert zu fühlen.*

Genau hier muss man ansetzen. Beide Seiten sollten aufeinander zugehen, sich informieren und dadurch versuchen den Partner zu verstehen. Hier darf nicht nur die Seite der Betroffenen fordern. Sicherlich ist es nicht einfach in seiner Unsicherheit, des Gefühls, nicht verstanden zu werden, auch noch um Hilfe zu bitten. Aber der Angehörige kann nur dann wissen, wie sein Partner sich fühlt, wenn es ihm mitgeteilt wird. Im Gegensatz muss der Partner versuchen, den Betroffenen eine „Tür aufzumachen“, zu hinterfragen und offen Hilfe anzubieten. Der Fakt der Unwissenheit rechtfertig in keinster Weise der Verweigerung von Hilfe.

Wie kann so eine Hilfe aussehen? Die Antwort – ein Dialog!

In erster Linie ist es erforderlich, dass beide Seiten ihre Bereitschaft erklären aufeinander zuzugehen. Die eine Seite, die Betroffenen müssen lernen sich zu öffnen, die Probleme zu offenbaren und um Hilfe zu bitten. Oft ist es jedoch so, dass sie selbst keine Erklärung dafür haben. Die andere Seite, die Angehörigen und Partner müssen lernen, Verständnis zu zeigen, zuzuhören und vor allen Dingen Vertrauen in ihren Partner zu haben. Das wären die ersten Schritte. Oft sind beide Seiten dazu jedoch nicht in der Lage. Nicht, weil sie nicht wollen. Es gibt einfach keine Ansätze. Niemand will sein Gegenüber verletzen. Daraus resultierend kommen oft neue Ängste auf.

An dieser Stelle können und sollten sich beide Seiten Hilfe von außen holen. Es gibt inzwischen sehr viele auch öffentliche Angebote dazu. Eheberatungsstellen und damit verbundene systemische Ehetherapien wären ein Beispiel.  Psychologen helfen dann in der Regel dabei zu vermitteln, Probleme und Ansätze aufzuzeigen. Ein anderer Weg wäre mit Mediatoren zu arbeiten, die als Vermittler zwischen beiden Seiten auftreten.

Ja und dann gibt es da noch uns Genesungsbegleiter. Auch Genesungsbegleiter können eine Mittlerrolle einnehmen und aus einem Dialog einen Trialog machen. Dabei nehmen wir sicherlich von außen betrachtet mehr die Seite der Betroffenen ein. Was wir jedoch einbringen können, ist die Rolle eines „Dolmetschers“. Bei Betroffenen scheitert es oft daran, dass sie nicht in Worte bringen können, was sie fühlen. Die Gedanken jemanden zu verletzen oder „noch mehr Schaden anzurichten“ bringen oft schwere Angstzustände und Blockaden mit sich. Da der Genesungsbegleiter diese Ängste kennt kann er/sie oft eine Brücke bauen. Der Genesungsbegleiter berichtet über seine Erfahrungen in ähnlichen Situationen, im Umgang mit seinen Angehörigen während der Krise und lässt somit Ähnlichkeiten zwischen den Seiten erkennen. Über das Aufzeigen seiner Lösungen bietet werden so oft Türen geöffnet. In diesem Rahmen werden Genesungsbegleiter oft vorab Dialoge bzw. Einzelgespräche mit den Betroffenen und den Angehörigen anbieten, um zu sehen, wo die Verständnisprobleme liegen. Häufig zeigt sich dabei, dass beide Seiten eigentlich nicht so weit auseinander liegen. Denn auch Angehörige und Partner haben oft Ängste die Betroffenen zu verletzen oder unter Druck zu setzen. Gegenseitiges Vertrauen ist in solchen Situationen die wichtigste Grundlage, um auch solche Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Schieben Sie diese Entscheidungen nicht vor sich her. Sollten Sie keine Lösung sehen, holen Sie sich Hilfe. Weder der Betroffene noch Sie als Angehöriger wollen die andere Seite allein lassen. Es ist jedoch wichtig, dass Sie sich Hilfe von außen holen, damit nicht am Ende Beide allein sind.

Wir Genesungsbegleiter sind bereit für Sie! Fragen Sie uns, denn wir wissen, wie Sie sich fühlen.

*Statistikquelle: www.mta-dialog.de